Bereits im Oktober/November 2019 (schon einige Zeit vor der Pandemie) haben wir über die Rechtsunsicherheiten "Versicherungsschutz in Homeoffice" und "Schaden im Homeoffice" berichtet.
Zwischenzeitlich ist sehr viel passiert und das Homeoffice ist – leider teilweise auch ungewollt – in den allgemeinen Fokus der österreichischen und internationalen Arbeitswelt gerückt. Zeit, ein aktuelles Update für Sie/Euch zu gestalten.
1. Vorgeschichte zur Gesetzeswerdung
Basis ist der mit sehr kurzer Begutachtungsfrist im Februar 2021 ergangene Ministerialentwurf (94/ME 27. GP) zum "Homeoffice-Maßnahmenpaket" (Initiativantrag). Eine entsprechende Beschlussfassung im Nationalrat steht noch aus und Änderungen sind deshalb noch möglich. Dieser Artikel soll insbesondere einen Überblick über die arbeitsrechtlichen Inhalte des Homeoffice-Maßnahmenpakets 2021 bieten. Über die steuerrechtlichen Zuckerl - etwa jährliche Werbungskosten von € 300,00 - wurde bereits mehrfach berichtet.
Abseits der sehr schnell erlassenen Klarstellung in § 175 ASVG (Arbeitssozialversicherungsgesetz) zum Arbeitsunfall, dass man nunmehr eben auch im Homeoffice unfallversichert ist, wurden anderweitige gesetzgeberische Aktivitäten lange verschoben. Erst der neue Arbeitsminister Kocher machte die Sache quasi zur „Chefsache“ und verlieh der HOMEOFFICE-Regelung eine gewisse Priorität. Die steuerrechtlichen Bestimmungen bzw die damit verbundenen (Staub-)Zuckerl (die mit Ende 2023 auslaufen sollen, vgl. § 124b Z 375 EStG) wurden in der Sitzung des NR am 24. 2. 2021 einstimmig beschlossen.
Der arbeits- und sozialrechtliche Teil, der als Dauerrecht vorgesehen ist, soll in der Plenarsitzung des Nationalrats am 24. 3. 2021 behandelt und beschlossen werden (Inkrafttreten geplant am 01.04.2021).
2. Neue Regelungen im AVRAG (Arbeitsvertragsrechtsanpassungsgesetz): Begriff, Schriftform, Zurverfügungstellung von Betriebsmitteln durch den AG / Kostentragung / Beendigung, etc
In das AVRAG wird ein neuer § 2h als quasi relevante „HOMEOFFICE-BESTIMMUNG“ eingefügt und klargestellt, dass diese gem § 16 AVRAG unabdingbar ist;, dh abweichende Regelungen in Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung bzw Kollektivvertrag sind nur dann wirksam, wenn sie für die Dienstnehmer günstiger sind. Dies betrifft insbesondere die Abs 3 und 4 (digitale Betriebsmittelbeistellungs- bzw Kostentragungspflicht und Beendigungsfristen).
§ 2 Abs 1 AVRAG definiert, dass "Arbeit im Homeoffice..." vorliegt, wenn Arbeitnehmer/Innen regelmäßig Arbeitsleistungen in der Wohnung erbringen". Damit unterliegt die "unregelmäßige" Arbeit im Homeoffice nicht diesen Bestimmungen. Demzufolge muss es meines Erachtens etwa reichen, wenn eine gewisse Regelmäßigkeit vorliegt (einmal in der Woche oder auch nur einmal im Monat). Näheres werden die Arbeitsgerichte klären. Der Begriff der "Wohnung" ist dabei weit zu verstehen, wobei er aber nach den Materialien nur (Privat-)Räumlichkeiten mit einer Wohnfunktion umfassen soll.
Der Begriff umfasst also nach der Begründung der Gesetzesväter auch "ein Wohnhaus" und schließt auch eine Wohnung (Wohnhaus) in einem Nebenwohnsitz oder die Wohnung eines nahen Angehörigen oder Lebensgefährten mit ein (nicht erfasst soll aber ein gesondertes privates Büro, das von einem/einer Arbeitnehmer/In zu Arbeitszwecken angemietet wird oder auch ein Ferienhaus einer Freundin sein). Leicht verständlich ist diese Einschränkung allerdings nicht. HOMEOFFICE könnte durchaus auch anwenderfreundlicher und weiter gesehen werden.
Gemäß § 2h Abs 2 AVRAG ist zu Dokumentationsgründen ein "Schriftformgebot" vorgesehen. Die Vereinbarung kann aber auch im elektronischen Weg (betriebliche IT-Tools, Handy-Signatur, E-Mail) zustande kommen. Gemeint ist offensichtlich irgendeine schriftlich (bzw besser in dokumentierten Worten/Schriftbild) festgehaltene Übereinkunft, allenfalls auch nur in einem bestätigenden E-Mail. Vermutlich wird die/der Arbeitgeber/In analog zum schriftlichen Dienstzettel eine entsprechende Bestätigung auszustellen haben.
Ein gewisser Mindestinhalt für eine Homeoffice-Vereinbarung ist dem bzw den Gesetzen nicht zu entnehmen. Im Fokus dürfte also die regelmäßige Arbeitsleistung in der (eigenen) Wohnung stehen.
Weiterhin gilt, dass Homeoffice nur im Einvernehmen zwischen den Arbeitsvertragsparteien begründet werden kann (siehe § 2h AVRAG).
Von § 2h AVRAG ist nicht nur die Tele-Heimarbeit erfasst, sondern auch analoges Arbeiten (wie zB die Arbeit mit schriftlichen Unterlagen, Akten, etc).
In § 2h Abs 3 AVRAG wird bestimmt, dass Arbeitgeber/Innen, die für das regelmäßige Arbeiten im Homeoffice erforderlichen digitalen Betriebs- bzw Arbeitmittel bereitzustellen haben. Nach der Begründung des Initiativantrages (S 5) sind darunter "die erforderliche IT-Hardware und Software, die tatsächlich notwendige Datenverbindung und erforderlichenfalls ein Diensthandy zu verstehen". Daraus ergibt sich im Gegenschluss allerdings nicht, dass andere erforderlichen Betriebsmittel, wie Schreibmittel, Papier oder auch ein Schreibtisch nicht beizustellen wären.
Weiterhin dürfte das arbeitsrechtliche Grundprinzip, dass Arbeitnehmer/Innen bloß ihre Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen haben, Geltung besitzen und alles andere Vereinbarungssache sein. Nach § 1014 ABGB gilt dann allerdings wohl, dass Dienstnehmer/Innen diesfalls Anspruch auf Aufwandersatz haben, wenn nicht gesondert etwas anderes vereinbart wird.
Was der neue § 2h Abs 4 AVRAG nun insofern ändert, ist, dass eine grds. zulässige vertragliche Abweichung von der Beistellungspflicht für digitale Betriebsmittel durch den/die Arbeitgeber/in einen unabdingbaren Anspruch auf einen Ersatz der angemessenen und erforderlichen Kosten für die von Dienstnehmer/Innen zur Verfügung gestellten digitalen Arbeitsmittel mit sich bringt. Eine pauschale Abgeltung ist möglich, muss aber jedenfalls angemessen sein, ansonsten sind Nachforderungen der Arbeitnehmer/In möglich.
Weiters determiniert § 2h Abs 4 AVRAG ausdrücklich noch eine vorzeitige Beendigungsmöglichkeit für die Homeoffice-Vereinbarung aus wichtigem Grund, aber mit einer nunmehr vorgesehenen (eigentlich fast systemwidrigen) Auflösungsfrist von einem Monat zum Monatsletzten.
3. Neuer Betriebsvereinbarungstatbestand in § 97 Abs 1 Z 27 ArbVG
Eingeführt wird auch ein neuer Betriebsvereinbarungstatbestand "Festlegung von Rahmenbedingungen für Arbeit im Homeoffice“. Dh, es kann für den gesamten Betrieb ein genereller Anspruch auf ein Homeoffice bzw eine entsprechende Option für die Arbeitnehmer/Innen in einer solchen Betriebsvereinbarung vereinbart werden.
4. Ausweitung des Schutzbereichs des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes (§ 2 Abs 4 DHG)
Wird Arbeitgeber/Innen durch im gemeinsamen Haushalt mit ihren Arbeitnehmer/Innen lebende Personen im Zusammenhang mit Tätigkeiten im Homeoffice an den zur Verfügung gestellten Betriebsmitteln ein Schaden zugefügt, so sind die Bestimmungen Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes (mit entsprechender Haftungseinschränkung) sinngemäß anzuwenden. Eine Schadenersatzmäßigung gegenüber dem/den Dienstgeber/Innen kommt aber nur bei Haushaltsangehörigen in Frage. So kann ein Ehegatte, der einen Schaden an den vom Dienstgeber zur Verfügung gestellten Betriebsmitteln verursacht, eine Mäßigung nach § 2 Abs 4 DHG geltend machen, eine Freundin jedoch nicht.
5. Betretungsverbot des Arbeitsinspektorats (§ 4 Abs 10 ArbIG)
Die Vertreter der Arbeitsinspektion sind zur Durchführung ihrer Aufgaben jedenfalls nicht berechtigt, private Wohnungen von Arbeitnehmer/Innen im Homeoffice zu betreten.
Derzeit schaut es also so aus, als ob diese Regelungen so am 01.04.2021 in Kraft treten.
Bei weiteren Änderungen werde ich selbstverständlich wieder zeitnah berichten.
Ich wünsche Ihnen/Euch allen noch einen schönen Tag!
Ihr/Euer Henrik Gunz
Stand: März 2021
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